Erhalten, bewahren, beleben, präsentieren – im Mittelpunkt der Vereinsarbeit des Fördervereins Gradierbau Bad Dürkheim steht seit mehr als 25 Jahren das historische Salinenbauwerk im Kurpark. Mit seinen exakt 333 Metern auf voller Länge berieselt, darf das Wahrzeichen der Kur- und Gesundheitsstadt als die weltgrößte betriebene Saline gelten – weltweit einmalig ist es ohnehin.
Ein eher trauriger Rekord ist, dass das Monument in den vergangenen drei Jahrzehnten zweimal buchstäblich am Boden zerstört dalag. Kriminelle Brandstifter hatten den Koloss jeweils in die Knie gezwungen. Beide Male erstand er wie Phönix aus der Asche komplett neu. Und hier kommt der Förderverein Gradierbau ins Spiel.
Dessen Geburtsstunde schlägt 1993. Im Jahr zuvor ist an der Nordseite erstmals gezündelt worden, der oder die Täter sind bis heute unentdeckt. Obwohl die Holzaufbauten nur auf etwa 80 Meter in Mitleidenschaft gezogen wurden, ist die Statik des gesamten Bauwerks beeinträchtigt – der hölzerne Korpus muss komplett abgerissen werden.
Auf einen Holzweg begibt sich daraufhin das Land Rheinland-Pfalz, damals noch Eigentümer des Gradierwerks: Aus Mainz werden Überlegungen laut, das Wahrzeichen nurmehr auf einem Drittel seiner Originallänge wiederaufzubauen und die restlichen Grundpfeiler abzutragen. Damit hat die Regierung freilich die Rechnung ohne die Dürkheimer gemacht: Für sie kommt ausschließlich ein vollständiger Neuaufbau in Frage – und so schließen sie ihren erzürnten Widerstand gegen die Mainzer Pläne in der „Initiative Gradierbau“ zusammen, an der Spitze der mehr als 300 aufständischen Vereinsmitglieder steht Bürgermeister Horst Sülzle (gest. 2000). Letztendlich beugt sich das Land dem Willen der Bevölkerung vor Ort: Fünf Jahre nach dem Brand präsentiert sich die Saline 1997 in alter Pracht – die Bürger Bad Dürkheims und Umgebung haben mit großer Spendenbereitschaft ihrerseits dazu beigetragen.
Nachdem die Dürkheimer Initiative ihr gutes Ende gefunden hat, wendet sich der Verein neuen Aufgaben zu – was sich in der Namensänderung „Förderverein Gradierbau“ ausdrückt. Vereinszweck ist nun die Wahrung und Pflege der Historie des Bauwerks. So wird – erneut mit Unterstützung der Bürgerschaft in Form privater Leihgaben neben städtischen Exponaten – im Südturm ein Salinenmuseum eingerichtet, man bietet Ausstellungen und Führungen an.
Der grausame Rückschlag erwischt Stadt und Verein an Ostern 2007. In der Nacht auf Karsamstag steht der Gradierbau in den frühen Morgenstunden erneut lichterloh in Flammen, diesmal auf ganzer Länge. Eine Bande von Brandstiftern Anfang 20, der später gut zwei Dutzend solcher Straftaten nachgewiesen wurden, hat just dürres Reisig am Nordturm mit einem Fidibus aus Papier angesteckt, das Feuer frisst sich in Windeseile unter dem Dach entlang durch das gesamte Gebäude, an die 300 Feuerwehrleute aus der Umgebung müssen chancenlos zusehen. Die Landesregierung muss sich von einem gravierenden Versäumnis eingeholt sehen: Aus Kostengründen war das Gradierwerk nur noch stellenweise berieselt worden, die strohtrockenen Schwarzdornbündel im größten Teil des Korpus haben wie Zunder gewirkt. Wieder müssen die verkohlten Holzteile samt und sonders abgerissen werden, die Saline wird zur Sandstein-Ruine.
Diesmal freilich fackelt die Stadt Bad Dürkheim nicht lange. Um weiteren langwierigen Diskussionen mit dem Land über Zeitpunkt und Umfang des neuerlichen Wiederaufbaus aus dem Weg zu gehen, kommen die Verantwortlichen in Verwaltung und Stadtrat unter Führung des damaligen Bürgermeisters Wolfgang Lutz überein, das Wahrzeichen in den Besitz der Stadt zu übernehmen. Das Land stimmt zu und hilft zudem mit einer millionenschweren „Ablöse“, das erklärte Ziel eines schnellstmöglichen Neuaufbaus anzugehen.
Im Dezember 2008 wird der Kauf veraktet, noch keine zwei Jahre später feiert Bad Dürkheim ein rauschendes Fest: Am 9. Oktober 2010 wird ein wirklich neuer Gradierbau eingeweiht. Eine faszinierende Mischung aus Tradition und Moderne: Unverkennbar die Saline im Original, jedoch bereichert um neue augenfällige architektonische Elemente wie Panoramafenster, Durchbrüche, zweistöckige Tribüne, Balkone und neue Blickachsen.
Für den Förderverein Gradierbau ist es zugleich die eigene Wiedergeburt. Hatte es doch nach dem zweiten Brandinferno, bei dem natürlich auch das Salinenmuseum im Südturm unwiederbringlich in Flammen aufgegangen war, Stimmen gegeben, die Sinn und Zweck des Vereins in Frage stellen wollten. Es kam sogar das Ansinnen auf, ihn aufzulösen – auch weil sich der Vorstand ein Stück weit allein gelassen fühlte und mangelnde Bereitschaft zu aktiver Mitarbeit beklagte.
Zum Glück besinnt man sich eines Besseren: Die Erkenntnis, dass ein Aus der ehrenamtlichen Aktivitäten absolut bedauerlich und ein enormer Verlust wäre, führt zum Schulterschluss in den eigenen Reihen und zu einer neuen Führungsmannschaft unter Leitung der rührigen Vorsitzenden Christl Bastian.
In der Tat gab und gibt es für die Aktiven im Vorstand und die Helferschar aus weiterhin mehr als 300 Mitgliedern jede Menge zu tun – wie auch weitere Zukunftspläne. So wurden etwa sogenannte Audio Guides aufgelegt, elektronische Sprachführer, die separat für Erwachsene und Kinder einen Besuch des Gradierbaus zu einer interessanten technisch-historischen Lehrstunde machen. Das Salinenmuseum ist – notgedrungen in abgespeckter Form – als Abteilung „Salzige Stadtgeschichte“ im neuen Stadtmuseum neu entstanden, dazu hat der Verein einen großzügigen finanziellen Beitrag geleistet. Zudem hat er die „Geschichten rund um den Gradierbau“ aufgelegt, ein kleines, aber feines Buch, in dem auf knapp hundert Seiten Wissenswertes, Historisches und Kurioses um das imposante Bauwerk im Dürkheimer Kurpark zusammengetragen sind (siehe unter Shop).
Jedes Jahr im späten September präsentiert sich der Verein der Öffentlichkeit zwei Tage lang mit dem beliebten Event „Walk & Listen – Das Salinenfest“ bei Livemusik vor der mächtigen Kulisse des Gradierbaus. Salzsieden in einer großen Sudpfanne nach überliefertem Vorbild hält die stadthistorische Bedeutung des Bauwerks wach.
Und soeben im Juni feierte die „Salinen-Serenade“ (kurz: Salinade) ihre Premiere – eine musikalisch-weinkulinarische Soiree, die auf Anhieb ein begeistertes Publikum fand und ebenfalls dauerhaft etabliert werden soll.
Die Erlöse aus allen Veranstaltungen helfen dem Förderverein, seine Aufgaben und Ziele zu finanzieren. Dazu zählt ein mutmaßliches Jahrhundertprojekt: Nach und nach müssen die 160 Sandsteinpfeiler ausgetauscht werden, die die Holzkonstruktion malerisch umsäumen. Das Mauerwerk ist zum Teil stark erodiert, erste Steine drohen ab- und herauszubrechen. Eine Mammutaufgabe, die sich wohl über Generationen hinziehen dürfte. So lange soll es mit dem Salinenwanderweg nicht dauern: Gemeinsam mit der Stadt projektiert der Verein gerade eine Thementour von den Weihern im Isenachtal, mit deren Wasser die Saline einst betrieben wurde, bis hin zum Gradierbau.
Um all dies auch zukünftig stemmen zu können, freut sich der Förderverein Gradierbau über jedes weitere Mitglied, jeden aktiven Helfer und Unterstützer!